Wenn’s eng wird, ist Weltmeister Sébastien Ogier (33) immer noch eine Klasse für sich. Obwohl er 2017 im privat eingesetzten, nur halbherzig vom Werk unterstützten Ford fährt, feierte er bei der turbulent verlaufenden Rallye Portugal schon den zweiten Sieg in der laufenden Saison. Dadurch baute Ogier seine Tabellenführung weiter aus. Nach sechs von 13 WM-Läufen hat er 22 Punkte Vorsprung vor Hyundai-Pilot Thierry Neuville (28).
Ogier schon wieder auf Titelkurs
Neuville wurde in Portugal mit 15,6 Sekunden Rückstand Zweiter und verdrängteToyota-Werksfahrer Jari-Matti Latvala (32) von Tabellenplatz zwei. Der Finne wurde nach einem Überschlag nur Neunter. Mit bereits über einer Minute Rückstand kam Hyundai-Pilot Dani Sordo (34) auf Rang drei ins Ziel.
Ogiers Zug zum fünften Titel in Folge scheint unaufhaltbar. „Die Rallye Monte Carlo habe ich mit einem komplett neuen Auto gewonnen. Hier in Portugal hatte ich wieder einen neu aufgebauten Fiesta zur Verfügung – vielen Dank an meine Mechaniker für die tolle Arbeit“, freute sich der Franzose nach der Zieldurchfahrt.
Damit bringt er sich rechtzeitig vor den demnächst anstehenden Vertragsverhandlungen für die Saison 2018 perfekt in Stellung. „Ich würde gerne bei M-Sport bleiben“, sagte er. Doch dem englischen Privatteam fehlt das Geld, um den viermaligen Weltmeister langfristig an sich zu binden. Nur eine offizielle Rückkehr von Ford als Werksteam könnte Teambesitzer Malcolm Wilson (61) in dieser Hinsicht retten. Davon ist – nach kurzfristiger Euphorie angesichts Ogiers Sieg bei der Rallye Monte Carlo am Jahresanfang – derzeit nicht die Rede. „Ohne Ford muss ich mich wohl von Séb verabschieden“, ist sich Wilson bewusst.  
Blieben die regulären Werksteams von Toyota, Hyundai und Citroën. Mit allen drei will Ogier in den nächsten Wochen reden. „Ich hätte gerne eine Entscheidung noch im Sommer“, verriet er am Rande der Rallye Portugal.
Dass er jeden Cent seiner Gage wert ist, bewies Ogier in Portugal ab den ersten Metern. Als Tabellenführer musste er am Freitag als Erster starten. Auf den staubigen Prüfungen rund um die nordportugiesische Hafenstadt Porto hatte er damit zunächst keine Chance auf Bestzeiten. Ogier fügte sich in sein Schicksal und versuchte lediglich, den Abstand zur Spitze nicht zu groß werden zu lassen.
Stattdessen sorgten andere während der ersten Etappe für reichlich Abwechslung. Insgesamt sechs Fahrer konnten sich zeitweise über die Führung freuen, in die letzte Schotter-Prüfung des Tages gingen die ersten acht mit einem Zeitunterschied von knapp neun Sekunden.
Ogier schon wieder auf Titelkurs
Die 27 Kilometer von „Ponte de Lima“ (WP 7) forderten dann allerdings gleich eine ganze Reihe von Opfern. Der Hyundai von Haydon Paddon (30) gab wegen eines Elektrikproblems elf Minuten lang keinen Mucks von sich. Latvala rollte seinen Toyota übers Dach, konnte mit einem Zeitverlust von fünf Minuten aber weiterfahren. Und Citroëns Titelhoffnung Kris Meeke (37) blieb seiner schwarzen Serie treu. Nach den zwei heftigen Unfällen von der Rallye Argentinien war eine beschädigte Vorderradaufhängung beinahe schon eine Lappalie. Aufgeben musste der Nordire trotzdem.
Als sich der Staub verzogen hatte, führte Ford-Pilot Ott Tänak (29) knapp vor Dani Sordo im Hyundai. Ogier war jetzt schon Dritter, nur fünf Sekunden hinter Tänak.
Als am Samstag die Startreihenfolge umgedreht wurde, Ogier die Straßenfeger-Rolle also abgegeben hatte, war er nicht mehr zu bremsen. Mit drei von sechs möglichen Bestzeiten stürmte der Ford-Pilot in Führung. Teamkollege Tänak leistete allerdings unfreiwillig Schützenhilfe, indem er bei einem Ausrutscher eine Radaufhängung beschädigte (WP 12). Der Este schrammte damit erneut an seinem ersten WM-Sieg vorbei und wurde schließlich als Vierter gewertet.
Die beiden Hyundai-Piloten tauschten die Plätze, weil Neuville mit einer Umstellung seines Fahrstils – „ich fahre jetzt weniger quer“ – plötzlich schneller war als Teamkollege Sordo. Ihr beider Boss Michel Nandan (58) machte im Etappenziel deutlich, dass auch Rang zwei und drei ganz schön wären und für Hyundai wichtige Punkte im Titelduell der Markenwertung mit M-Sport Ford bedeuten würden...
Auf der nur 53 Kilometer kurzen Schlussetappe am Sonntag verkniffen sich alle Verfolger riskante Attacken, Ogier war der zweite Saisonsieg nicht mehr zu nehmen. Damit zog der amtierende Weltmeister gleich mit dem exakt doppelt so alten Markku Alén (66), der sich den Rekord von fünf Siegen bei der Rallye Portugal nun mit Ogier teilen muss.
M-Sport Ford baute die Führung in der Markenwertung gegenüber Hyundai auf 199:173 aus. In der Kategorie WRC 2 (seriennahe Fahrzeuge mit 1,6-Liter-Turbomotor, rund 280 PS) sah Ogiers ehemaliger Teamkollege bei Volkswagen, der Norweger Andreas Mikkelsen (27), bis wenige Kilometer vor dem Ziel wie der sichere Sieger aus. Als Gastfahrer im Skoda-Werksteam ließ er der Konkurrenz keine Chance und hatte bereits mehr als drei Minuten Vorsprung – bis er sich in der allerletzten Wertungsprüfung überschlug. So erbte Teamkollege Pontus Tidemand (26) den Sieg, der damit die Tabellenführung weiter ausbaute.